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JAN TEMME - DER KÜNSTLER UNSER WIEDERENTDECKTEN WANDBILDER​

Ein Künstler zu verstehen bedeutet, mehr über die Person hinter den Bildern zu erfahren. Die Lebensgeschichte eines Malers kann uns dabei helfen, seine Werke in einem tieferen Kontext zu betrachten und besser zu verstehen. In diesem kurzen Artikel möchten wir euch einen Einblick in das Leben von Jan Temme geben, dessen Wandgemälde wir bei den Restaurationsarbeiten im CAPITOL wiederentdeckt haben.

Geboren wurde Jan Temme am 17. Mai 1923 in Veldhausen. Sein Vater war Malermeister, und so wuchs er in einer künstlerischen Umgebung auf. Doch die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse zwangen die Familie im Jahr 1927, in die nahegelegene Textilstadt Nordhorn umzusiedeln. Dort verbrachte er seine Jugendjahre mit seinen drei jüngeren Geschwistern.

 

 

Bereits während seiner Lehrzeit begann er zu malen und zu zeichnen. Er experimentierte mit Aquarellen und Ölbildern, und obwohl seine frühen Arbeiten noch keine eigene künstlerische Handschrift zeigten, legten sie den Grundstein für seine spätere Entwicklung. Ein prägender Moment in seinem Leben war der Besuch der Malerfachschule in Rheine im letzten Lehrjahr, wo er von einem inspirierenden Lehrer namens Naß unterrichtet wurde. Dieser Lehrer vermittelte ihm grundlegende Zeichen- und Maltechniken sowie die Prinzipien der Farbenlehre, von denen er noch viele Jahre später in seiner eigenen Karriere als Lehrer profitierte.

 

Nach seiner Lehre wurde er zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, wo er in Stralsund diente. Seine Zeit in der Armee verstärkte seinen Widerwillen gegen die nationalsozialistische Ideologie und das Militär, der bereits durch sein anti-militaristisches Elternhaus geprägt war. Sein Dienst führte ihn auch nach Frankreich, insbesondere in die Provence, wo er in Orange/Camaret in der Nähe von Arles stationiert war. Diese Erfahrungen und die Landschaft prägten sein späteres Verständnis der Kunst von Vincent van Gogh. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg und seiner Entlassung aus der amerikanischen Gefangenschaft sah er sich mit den wirtschaftlichen Herausforderungen der Nachkriegszeit konfrontiert. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, malte er Porträts nach Fotos, die ihm von Angehörigen zur Verfügung gestellt wurden. Als Belohnung erhielt er Nahrungsmittel und andere dringend benötigte Güter.

 

In dieser Zeit begann er auch privat intensiver zu malen und hatte bereits erste bescheidende Ausstellungen in einer Nordhorner Buchhandlung. Daraus entstanden dann auch um 1946 herum erste öffentliche Aufträge für die künstlerische Raumgestaltung. So gestaltete Jan Temme mehrere Wandmalereien unter anderem im Landratsamt und Hauptzollamt, sowie die großen Wandmalereien im CAPITOL.

Im Jahr 1947 wurde er als Bühnenbildner an die „Städtischen Bühnen Nordhorn“ berufen, wo er mit einem talentierten Ensemble zusammenarbeitete und für die Gestaltung von Bühnenbildern verantwortlich war. Diese Zeit endete 1948 nach der Währungsreform. Nach der Meisterprüfung im Malerhandwerk 1950 erhielt Jan Temme die Zulassung für ein dreijähriges Studium an der Akademie der bildenden Künste in München wo er ein Schüler von Prof. Josef Oberberger wurde der ihn stark prägte.

 

Nach dem dreijährigen Studium in München eröffnete Temme in Nordhorn ein ,,Atelier für angewandte Kunst“. Im Laufe der Jahre 1953 bis 1956 erhielt er eine Reihe öffentlicher Aufträgeden Entwurf für die Anfertigung einer Serie von Glasfenstern in Ätztechnik nach Motiven aus der Arbeitswelt für das Arbeitsamt Nordhorn, die Anfertigung einer farbigen Bleiverglasung in der Kreishandwerkerschaft Nordhorn, von Reliefs in Metall- und Sgraffitotechnik in verschiedenen Schulen.

Szenerie des Markusplatzes in Venedig mit Markusdom, Markusturm und Dogenpalast.

In der Erkenntnis, dass seine künstlerische Tätigkeit allein nicht ausreichend für seinen Lebensunterhalt war, entschloss er sich 1956, das Abitur abzulegen und begann ein Studium an der Pädagogischen Hochschule für Gewerbelehrer. Dort traf er seine zukünftige Frau, Hannelore Wierscher, und gründete eine Familie aus der zwei Kinder hervorgingen. Nach seinem Studium wurde er Gewerbeoberlehrer und unterrichtete an verschiedenen Schulen in Wittmund und Leer. Seine Karriere als Künstler und Lehrer führte ihn zu verschiedenen Schulen und Institutionen, und er wurde ein geschätzter Lehrer und Künstler in seiner Gemeinde. Sein Wirken als Kunsterzieher umfasste nicht nur das Lehren von Techniken, sondern auch die Vermittlung von Kunstgeschichte und die Förderung der künstlerischen Bildung junger Menschen. 1982 trat Temme in den Ruhestand. 1986 verzog der Jan Temme nach Hannover, wo er nach langer Krankheit 2005 starb.

 

Seine Biografie zeigt, dass sein Leben geprägt war von künstlerischem Schaffen, Lehrtätigkeit und der Bewältigung der Herausforderungen der Zeit, in der er lebte. Diese Einblicke in sein Leben können dazu beitragen, seine Werke besser zu verstehen und schätzen zu lernen.

 

Susanne Augat (Leiterin des Kunsthauses Leer) ist Verwalterin der Sammlung von Jan Temme und zeigte sich bei der Sichtung vor Ort beeindruckt. Vor wenigen Tagen besuchte uns Frau Dr. Kerstin Klein vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege aus Hannover und zeigte sich ebenso imponiert aufgrund der Größe der Wandmalereien, die im norddeutschen Raum für einmalig gehalten werden. Momentan erarbeiten wir in Zusammenarbeit einen Stiftungsantrag bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für die Restaurierung und Konservation der Wandbilder. Eine erste Bestandsaufnahme zur Planung der Konservation hat bereits vor Ort stattgefunden.

Orientalische Szenerie - Der Palast erinnert an die Al Azhar Moschee in Kairo

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